01.08.20 - Ein anderer Sommer. Bad Hersfeld – Stadt der Geschichten - begeistert auch am dritten Wochenende die Besucher, die am Freitag in eine einzigartige Atmosphäre eintauchen und sich auf sinnliche Welten einlassen konnten. "Yggdrasil – Geschichten aus der Edda" faszinierte als eine Inszenierung des Theaters Anu im Rahmen des Festivals im Stiftspark. Poetische Theaterformen verstehen die beiden Theatermacher Bille Behr und Stefan Behr als die stetige Suche nach Kunstformen der Versöhnung des Menschen mit seiner Welt.
Es sind Begegnungen zwischen Darstellern und Besuchern in einem ungeschützten Theaterraum: dem Stadtraum. Draußen ist die Realität, sie gilt es zu verändern. Kaum einen schöneren Ort als den Stiftspark mit der Stiftsruine im Hintergrund, der Stadtmauer als Abgrenzung und vor allem den prächtigen Bäumen hätte man für die Erschaffung der Bild- und sprachgewaltigen nordischen Sagenwelt auswählen können, zumal zum großen Teil auf eben diesen Bäumen gespielt wird.
Die Zuschauer sitzen auf mit Kissen "gepolsterten" Holzstämmen und folgen den Figuren Odin, Thor und Loki als Spielmachern einer Geschichte von der Entstehung der Welt bis zu ihrem Untergang, erzählt aus der Perspektive der Seherinnen, der Nornen, die die Schicksalsfäden in der Hand halten. Was passiert, wenn sie sie loslassen? Das Gleichgewicht der Götterwelt gestört ist? Die Verbundenheit zur mythischen Welt nicht mehr existiert?
Bille Behr führt Regie, die Übersetzungen stammen aus der Feder von Stefan Behr. Bärbel Aschenberg (Skuld/Lokis Kinder/Balders Tod), Johanna Malchow (Werdandi/Die Schätze der Götter/Freyjas Hochzeit) und Kathleen Rappolt (Urd/Der Baumeister/Der Dichtermet) faszinieren mit ihrem ausdrucksstarken Spiel, wobei die Grenzen zwischen Zuschauer und Bühne aufgelöst sind.
Yggdrasil in der Edda
Nachdem die Götter den Ur-Riesen Ymir getötet haben, erschaffen sie dem Mythos nach aus seinem Leichnam alle existierenden Dinge. So wurde Ymirs Fleisch zur Erde und sein Blut zu den Ozeanen. Aus seinen Knochen entstanden die Berge und aus seinen Augenbrauen bildeten die Götter Midgard. Schließlich schufen sie aus Ymirs Schädel den Himmel. Außerdem entstanden aus Ymirs Gehirn die Wolken, während seine Haare und Wimpern zur Erschaffung der Bäume Verwendung fanden. Bei einem dieser Bäume handelte es sich um eine immergrüne Esche.
"Eine Esche weiß ich, sie heißt Yggdrasil, ein hoher Baum, überschüttet mit glänzendem Nass; von dort kommt der Tau, der in den Tälern niederfällt, immergrün steht sie über dem Urdbrunnen; von dort kommen Frauen, vielwissende Nornen aus dem Born, der unterm Baume liegt." Yggdrasil, die Weltenesche, ist die Verkörperung der Schöpfung als Gesamtes: räumlich, zeitlich und inhaltlich. Er ist der Weltenbaum, weil er im Zentrum der Welt steht und alle Welten miteinander verbindet.
Diese Szenerie bildete das Gerüst für ein zweistündiges Eintauchen in die nordische Mythologie, das Kennenlernen der Oberwelt, der Erde und der Unterwelt und der Begegnung mit Riesen, Zwergen und der Schlangenbrut. Ein ganz besonderes Erlebnis, wobei die Zuschauer, die sich vorab mit der Edda befasst haben, deutlich im Vorteil sind. Dennoch spricht diese Inszenierung jeden an, zumal es mit einer gewissen Leichtigkeit und auch viel Witz inszeniert ist. Begleitet wird das Spiel von Live-Musik auf dem Cello, gespielt von dem Musiker Nikolaus Herdieckerhoff. Weitere Aufführungen stehen heute um 15 und 22 Uhr und Sonntag um 15 Uhr auf dem Programm. Es gibt noch Restkarten. Info unter www.bad-hersfelder-festspiele.de (gs) +++
August 01, 2020 at 03:24AM
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Die Entstehung der Welt bis zu ihrem Untergang - auf Bäumen gespielt - Osthessen News
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